Bauminister Olaf Lies spricht zur Gründung vom Bündnis für gute Nachbarschaft

Mehr als Bauen: die Abteilung "Städtebau und Wohnen" im Ministerium hat Prozesse und Strukturen für gute Nachbarschaft im Blick

Wenn Städte, Stadtteile oder Dörfer sich mit besonderen Beanspruchungen auseinandersetzen müssen, ist die Gesellschaft gut beraten, dort Unterstützung zu organisieren. Demographischer Wandel, zunehmende Leerstände, Gentrifizierung und Verdrängung, Verarmung und Segregation, Integrationsdefizite – es gibt viele Gründe, die ein Quartier in eine wirtschaftliche und soziale Schieflage bringen können. Wenn die Abwärtsspirale Richtung Verwahrlosung und soziale Brennpunktbildung sich in Gang gesetzt hat, sind immense Aufwendungen erforderlich, um das Quartier wieder in eine positive Entwicklung zu steuern. Die Städtebauförderung erbringt seit den 70er Jahren großartige Leistungen in diesem Sinne. Das diesjährige Programm sieht vor, dass 121,6 Mio € Bundes- und Landesmittel in 204 Fördermaßnahmen fließen; zusammen mit den kommunalen Anteilen können damit Investitionen in Höhe von rund 167 Mio € umgesetzt werden. Auch in Zukunft wird die Städtebauförderung als gemeinsam von Bund, Ländern und Gemeinden getragenes Instrument von größter Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung vor Ort sein. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht vor, die Städtebauförderung dauerhaft zu sichern und sie sogar noch zu erhöhen.  

Die Geschichte der Städtebauförderung zeigt, dass es wichtig (und kostengünstiger) ist, frühzeitig Strukturen aufzubauen und Prozesse zu organisieren, mit deren Hilfe alle gesellschaftlichen Kräfte aktiviert und auf das Gemeinwohl ausgerichtet werden können. Dabei müssen sämtliche Institutionen, Unternehmen und vor allem die Einwohnerinnen und Einwohner im Sanierungsgebiet einbezogen werden, um zu ermitteln, was im Quartier konkret benötigt wird und wer was einbringen kann. Wenn das gelingt, wird nicht nur jede Menge bürgerschaftliches Engagement freigesetzt, sondern auch private finanzielle Investitionen, die oft ein Mehrfaches der öffentlichen Fördermittel ausmachen und dem Quartier zugutekommen. Und – was vielleicht noch wichtiger ist – im Verlauf des mehrjährigen Prozesses der Städtebauförderung entsteht eine vernetzte Zusammenarbeit, die es der örtlichen Gemeinschaft ermöglicht, wirkungsvoller auf Veränderungsbedarfe zu reagieren. In der Fachsprache hat sich dafür der Begriff der Resilienz etabliert.

Je mehr gesellschaftliche Bereiche in die Netzwerkstruktur eingebunden sind, umso erfolgreicher kann die Kooperation wirken. Auf dieser Erkenntnis basieren die Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt von 2007 und die fortgeschriebene Neue Leipzig Charta von 2020, die auch von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet wurden. Auch der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung bekräftigt die Neue Leipzig Charta als Orientierung für die Entwicklung lebenswerter Städte, Gemeinden und ländlicher Räume in ganz Deutschland.

Unterstützungsbedarf für eine vorsorgende und nachhaltige sozialräumliche Entwicklung kann es natürlich auch außerhalb der Sanierungsgebiete der Städtebauförderung geben. Deswegen wurde 2017 eine neue Förderung für Projekte und Initiativen der Gemeinwesenarbeit und des Quartiersmanagements in der Form eines Wettbewerbs aufgelegt, heute bekannt als Wettbewerb „Gute Nachbarschaft“ – übrigens auf maßgeblichen Einsatz der LAG Soziale Brennpunkte hin! Wie wichtig und wie richtig dieser Förderansatz ist, wissen inzwischen wohl alle, die sich im „Bündnis für gute Nachbarschaft in Niedersachsen“ zusammengeschlossen haben. Nahezu 100 Vorhaben wurden seit 2017 zur Förderung ausgewählt. In diesem Jahr wurde der Wettbewerb durch eine entsprechende Änderung des niedersächsischen Wohnraumfördergesetzes verstetigt; Ziel ist, pro Jahr 3 Mio € Landesmittel aus unserem Wohnraumförderfonds für den Wettbewerb zur Verfügung zu stellen. Denn es geht nicht nur darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen – auch das Wohnumfeld, die sozialräumliche Struktur und die Nachbarschaft im Quartier müssen stimmen. Hier knüpft ja auch das Anliegen unseres „Bündnis für gute Nachbarschaft in Niedersachsen“ an - alle Akteure vor Ort miteinander in Kontakt und Zusammenarbeit zu bringen für das Gemeinwohl und den Zusammenhalt im Quartier.

Das alles – und noch viel mehr – sind unsere Aufgaben, für die wir in der Abteilung „Städtebau und Wohnen“ im niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz arbeiten. Besonders der Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung stellen uns derzeit vor immense Herausforderungen; das betrifft den Gebäudebereich, aber auch die Quartiere insgesamt.

Ein Beitrag aus der Abteilung "Städtebau und Wohnen", Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Autorin: Stefanie Nöthel

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